Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit von Kindern stärken
Was brauchen Kinder für ein starkes Selbstbewusstsein und mehr Selbstsicherheit im Alltag und wie können wir Eltern sie dabei unterstützen? Was ist überhaupt Selbstbewusstsein und was ist der Unterschied zu Selbstsicherheit? In diesem Beitrag erwartet dich eine Abgrenzung und mehrere Übungen, mit denen du dich und dein Kind im Alltag stärken kannst.
Jeder spricht vom Selbstbewusstsein und davon wie wichtig es ist, selbstbewusst aufzutreten. Auch unsere Kinder sollen möglichst selbstbewusst sein. Doch was ist das überhaupt? Ich bin nun schon seit über 15 Jahren Erzieherin und habe in dieser Zeit mit sehr vielen Kindern gearbeitet. Dabei habe ich schon häufig von Kollegen, Eltern und auch Lehrern gehört, dass ein Kind nicht genügend Selbstbewusstsein habe. Doch ist es wirklich mangelndes Selbstbewusstsein?
Hier mal ein Beispiel mit einem Kita-Kind. Nennen wir sie Lisa. Wie jeden Morgen sitzen die Kinder im Morgenkreis und begrüßen sich. Nun wird noch ein gemeinsames Spiel gespielt. Lisa wird von der Erzieherin aufgefordert, in die Mitte zu gehen. Doch die Kleine sagt nein, sie möchte nicht mitspielen. Die Erzieherin nimmt also ein anderes Kind dran.
Am Mittag spricht Lisas Mutter mit der Erzieherin. Sie macht sich Sorgen um Lisas Selbstbewusstsein und möchte, dass die Erzieher dies stärken. Doch ist es Lisas Selbstbewusstsein, das sie beim Morgenkreis nicht mitmachen lässt?
Ich finde nicht. Lisa ist sich ihrer Selbst sehr wohl bewusst: Als sie aufgerufen wird merkt sie, dass es sich für sie nicht gut anfühlt in die Mitte zu gehen. Sie hört auf dieses Gefühl und bleibt auf ihrem Stuhl sitzen. Es ist also nicht Lisas Selbstbewusstsein, dass sie beim Morgenkreis nicht mitspielen lässt. Denn Selbstbewusstsein ist im Grunde wie ein Anruf bei dir selbst. Du nimmst den Hörer in die Hand und rufst dich an. Nun stellst du dir folgende Fragen: Wie geht es mir gerade? Welches Bedürfnis habe ich? Welches Gefühl löst das bei mir aus?
Genau das hat Lisa in diesem Beispiel getan. Sie hat sich angerufen und vermutlich herausgefunden: Es geht mir gerade nicht gut, weil alle mich anschauen. Ich mag das nicht, wenn alle Aufmerksamkeit auf mich gerichtet ist. Ich fühle mich dabei unwohl oder habe Angst was falsch zu machen. Für Lisa war die einfachste Lösung daher, nicht in die Mitte zu gehen. So war sie nicht mehr der Mittelpunkt und brauchte sich auch nicht mehr unwohl fühlen bzw. keine Angst mehr haben.
Natürlich sollte Lisa trotzdem gestärkt werden, damit sie evtl. beim nächsten mal über ihren Schatten springt und doch mitspielt. Wahrscheinlich würde sie dann merken, dass es gar nicht schlimm ist, bei dem Spiel im Mittelpunkt zu stehen und dass es sogar Spaß macht. Dazu benötigt sie jedoch mehr Selbstsicherheit und nicht mehr Selbstbewusstsein. Das bringt uns also zu einem weiteren Punkt.
Wie stärke ich die Selbstsicherheit meines Kindes?
Am einfachsten geht das, wenn wir mit unseren Kindern über ihre Stärken sprechen. Das kann wunderbar in den Alltag integriert werden. Es gibt vieles was unsere Kinder richtig gut können, doch oft ist ihnen das gar nicht bewusst. Wir haben bei uns zu Hause ein kleines Ritual, welches unseren Kindern ihre Stärken bewusst werden lässt:
Jeden Abend frage ich meine Kinder nach drei Dingen, die sie besonders gut können. Hier darf alles genannt werden, was ihnen einfällt. Zum Beispiel: hüpfen, malen, tanzen, basteln…
Anfangs fällt den Kindern das oft noch schwer. Umso öfter ihr das macht, um so leichter wird es den Kindern fallen. Es muss auch nicht jeden Abend was Neues sein. Mit Schulkindern können diese Dinge auch in ein schönes Buch geschrieben werden. So werden sich die Kinder ihrer Stärken bewusst. Natürlich dürft ihr euren Kindern gerade am Anfang auch ein wenig helfen. So habe ich am Anfang erst selber zwei Dinge genannt, die die Jungs, meiner Meinung nach, besonders gut können und auch immer drei Dinge gesagt, die ich, meiner Meinung nach, gut kann. Denn auch uns Großen tut das gut!
Eine weitere Methode ist das Sammeln von Glückssplittern. Auch das ist bei uns Teil des Abendrituals. Jeder von uns sagt, was an diesem Tag besonders schön war oder was ihm besonders gut gelungen ist. Auch diese können natürlich mit Schulkindern aufgeschrieben werden. So endet jeder Tag mit einer schönen Erinnerung und einem guten Gefühl.
Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen!
Nun gibt es natürlich auch Dinge, die unsere Kinder erst noch lernen und die ihnen am Anfang noch schwer fallen. Hier lohnt es sich, darauf zu achten, dass die Kinder dran bleiben und nicht nach dem ersten Misserfolg schon aufgeben.
Mein Großer zum Beispiel hatte sich ein neues Puzzle gewünscht. Dies hatte mehr Teile, als seine bisherigen Puzzle und war für ihn daher auch eine größere Herausforderung. Er merkte sehr schnell, dass er für dieses Puzzle mehr Geduld brauchen würde und wollte schon nach kurzer Zeit aufgeben. Ich habe mich daraufhin zu ihm gesetzt und ihm ein paar Tipps gegeben, die ihm das Puzzeln erleichtern können. Er setzte diese um und hat das Puzzle letztlich doch geschafft. Dabei ist er drangeblieben, über sich hinausgewachsen und war am Ende richtig stolz darauf, es doch geschafft zu haben. Hier ist es wichtig, das Kind nur zu unterstützen und ihm nicht die Aufgabe abzunehmen. Ich habe ihm nur Tipps gegeben, wie zum Beispiel erst die Randteile rauszusuchen und sich die Form der Teile genau anzuschauen. Gepuzzelt hat er alleine.
All diese Punkte helfen den Kindern selbstsicherer zu werden und den Alltag in der Kita oder der Schule besser zu meistern. Gerade in der aktuellen Situation ist das besonders wichtig. Jetzt haben wir Eltern die Chance, unsere Kinder zu starken, selbstbewussten und vor allem selbstsicheren Menschen zu machen.
Warum ist das alles gerade jetzt besonders wichtig?
Der Lockdown ist zwar verlängert, doch zumindest die Grundschulen hier bei uns in NRW dürfen ab nächste Woche öffnen. Es wird wohl eine Mischung aus Präsenz- und Distanzunterricht geben. Wie das genau aussehen soll, darf wohl jede Schule selbst entscheiden.
Für die Kinder heißt das, sie haben wieder mehr soziale Kontakte. Endlich. Denn der Lockdown tut gerade den Kindern in den meisten Fällen überhaupt nicht gut. Sie vermissen ihre Freunde, entwickeln Ängste und teilweise sogar Depressionen. Das ergab die COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).
Für Kinder, die sich schon vor dem Lockdown in der Schule ausgegrenzt und von den anderen Schülern gemobbt fühlten, wird die Rückkehr in die Schule jetzt noch schwieriger. Durch den Lockdown hatten diese Kinder, die ja meist schon wenige Freunde haben, auch zu diesen Kindern kaum bis gar keinen Kontakt. Klar, sie haben auch zu den anderen keinen Kontakt gehabt und konnten so vielleicht ein wenig ihre Akkus zu Hause aufladen, doch nun geht es ja wieder zurück.
Letzte Woche habe ich euch auf Facebook und Instagram schonmal von einem Kind aus meinem ersten Training erzählt. Diesem fiel es leicht, die Methoden aus dem Training im Alltag anzuwenden.
Doch es gibt auch Kinder, denen das nicht so leicht fällt. Erst Freitag habe ich mit der Mutter eines anderen Kind aus diesem ersten Training gesprochen. Diesem Jungen fiel die Umsetzung schon während des Trainings schwer. Ihm hätte auch ein weiteres Jahr in der Kita sicherlich gut getan, doch leider war das nicht möglich. Nun fällt es ihm in der Schule sehr schwer, Anschluss an die anderen Kinder zu finden. Dazu kommt noch, dass die Familie technisch schlecht ausgestattet ist, was auch das Dinstanzlernen erschwerte. All das macht der Mutter nun große Sorgen. Gestern konnte ich dann auch nochmal mit dem Jungen selbst sprechen. Er erzählte mir, dass er die Zeit zu Hause genießt, da ihn hier seine Klassenkameraden nicht ärgern. Auf die Schule freut er sich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Der Gedanke an die Schule macht ihm sogar Angst und er bekommt schon Bauchschmerzen, wenn er nur daran denkt. So wird es nicht nur diesem einen Kind gehen, sondern ganz vielen.
Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, dass diese Kinder gestärkt werden und die oben beschriebenen Methoden sind dabei ein guter Anfang.
Auch der Anruf bei mir Selbst, also das Selbstbewusstsein, kann geübt werden. Stell dazu deinem Kind doch einfach mal diese drei Fragen:
- Wie geht es dir gerade?
- Was wünscht du dir (das Wort Bedürfnis verstehen Kinder oft noch nicht)
- Welches Gefühl löst das bei dir aus?
Dann könnt ihr gemeinsam überlegen, was ihr tun könnt, um den Wunsch evtl. zu erfüllen, oder, wenn das nicht geht, wie du dein Kind unterstützen kannst, damit es sich am Ende trotzdem gut fühlt.
Stark ins Neue: Gemeinsam gegen Mobbing!
Passend zum Schulstart ist am 22.02.2021 auch gleich der “Behaupte dich gegen Mobbing” Tag. Noch ein weiterer Grund, um Kinder gegen Mobbing zu stärken!
Wenn du mit deinen Kindern ein Teil davon sein willst, dann meldet euch gerne noch zu meinen kostenlosen Trainings am 22.02.2021 an. Um 15:30 Uhr gibt es ein Training für die Kinder und um 17:00 Uhr eines für euch Erwachsene.
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